Mikroklima Leitbild für die Stadtentwicklung aspern Seestadt
Mikroklima-Leitbild Aspern Grüne Saite
Unser Auftraggeber Wien 3420 aspern Development AG leitet in Wien mit aspern Seestadt die Entwicklung eines der größten Stadtentwicklungsprojekte in Europa. Das gesamte Gebiet von ca 240ha wird laufend weiterentwickelt mit Hilfe von Leitbildern, die ein kohärentes Architekturkonzept sicherstellen. Der Fokus liegt dabei auf der Schaffung von öffentlichen Räumen mit hoher Lebensqualität insbesondere auch mit Blick auf die Entwicklung einer klimaresilienten Stadt der Zukunft.
Wir wurden eingeladen, die Mikroklima-Performance der Designs zu beurteilen und in den Planungsprozess einzubringen und so sicherzustellen, dass die Planung das Ziel einer grün / blauen Schwammstadt optimal erfüllt und damit auch dem Urban Heat Islands (UHI) - Strategieplan der Stadt Wien folgt.
Unter der Leitung des Teams der Wien 3420, das neben der exzellenten Projektleitung auch die Organisation übernommen hat, waren die Spezialisten von Freimüller Söllinger Architektur und D\D Landschaftsplanung federführend an der Erstellung des Leitbildes beteiligt. Wir sind auch sehr dankbar über das sehr positive Feedback der renommierten Experten des aspern Development Beirats. Gemeinsam konnte das Team signifikante Verbesserungen in der gefühlten Temperatur des neuen Stadtteils erzielen, wie die obenstehenden Bilder zeigen. Dabei sind Windgeschwindigkeit und -temperatur sowie Luftfeuchte und lokale Sonneneinstrahlung berücksichtigt.
Anhand eines zentralen 3D-Modells wurden verschiedene Design-Varianten unter der Leitung der Wien 3420 erarbeitet und optimiert. Das Modell durchlief mehrere Iterationen in Übereinstimmung mit dem Fortschritt des Designs und ist in seiner finalen Form hier zu finden: Interaktives Mikroklima-Modell aspern Seestadt Grüne Saite (benötigt etwas Zeit zum Laden).
Von der Masterplan-Vision zur Implementierung
Der Masterplan-Vision folgend, wird auch in diesem Abschnitt der Seestadt das Prinzip fortgeführt, dass öffentlicher Grünraum das Leitmotiv darstellt, dem sich Gebäudehüllen, -volumen und -höhen anpassen müssen. Großzügige Grünflächen, viele Bäume sowie Gründächer und -wände im gesamten Areal sind die Planungsgrundlage. Darauf aufbauend optimierte das Team die Anordnung von Bäumen, um Schatten dort zu maximieren, wo die sommerliche Sonne am intensivsten auf Gebäude und Boden trifft. An solchen Stellen wurden von der Landschaftsplanung auch Grünwände geplant, um Gebäude möglichst gut von direkter Sonneneinstrahlung abzuschirmen. Gleichzeitig wurde darauf Rücksicht genommen, dass Plätze eingeplant werden an denen die Einwohner im Frühling und Herbst die ersten / letzten Sonnenstrahlen genießen können, wenn Laubbäume keine Blätter tragen.
Unter Berücksichtigung der Vision des Architektur-Designs haben wir auch an der Gebäudeform gearbeitet um insbesondere für sommerliche Windbedingungen (und in der Nacht) wenn eine kühlende Brise besonders wichtig ist (siehe auch unseren Artikel über Thermoregulation (english)), für gute Durchlüftung zu sorgen. Dabei wurde nicht das Gebäudevolumen verändert, sondern die Ausrichtung der Gebäudeflächen und die Verteilung des Gebäudevolumens auf die vorherrschenden Windbedingungen und Strömungsverhältnisse im Sommer optimiert.
Die Optimierung der Sonneinstrahlung und der Durchlüftung bewirkt nicht nur ein angenehmes Stadtklima für die Bewohner sondern erlaubt auch Gebäuden, im Tagesverlauf möglichst wenig Wärme aufzunehmen und möglichst viel Wärme in der Nacht abzugeben. Das folgt unserem Prinzip, dass passive Kühlung der aktiven, energieintensiven Kühlung vorausgehen muss, um den Energieverbrauch zur Gebäudekühlung auch im Licht der Klimaerwärmung in Städten möglichst gering zu halten (passive climate mitigation comes first).
Insbesondere die Optimierung der nächtlichen Kaltluftströme durch die verbesserte Anordnung der Gebäudevolumen führt zu einer effektiveren Nachtabkühlung. Wie immer in unseren Simulationen greifen wir dabei auf die lokalen Wind-Daten zumindest der letzten 10 Jahre zurück und verwenden die gewichteten (Weibull-) Windgeschwindigkeiten für 16 Windrichtungen in unserer Simulation. Für die Simulation des Tag/Nacht-Zyklus verwenden wir ebenfalls gemessene, veränderliche Windgeschwindigkeiten, solare Strahlungsdichten und Luftfeuchtewerte über 24h. Die Berücksichtigung der umgebenden Bauten unterstützt zusätzlich unseren Anspruch, Simulationsergebnisse mit größtmöglicher Realitätsnähe zu erzielen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Team den ersten, schon sehr guten Designentwurf noch signifikant verbessern konnte und diverse Zielkonflikte (zB mehr Bäume = mehr Schatten, aber auch weniger kühlende Luftbewegung) so ausbalancieren konnte, dass eine optimale Hitzeinsel-Performance erzielt werden konnte. Trotzdem erlauben die Leitlinien noch viel Raum, um innerhalb der städtebaulichen Vision eine architektonische Gestaltung zu erlauben, die letztlich in eine harmonische städtische Landschaft münden wird, die auch hinsichtlich der Klima-Resilienz höchste Lebensqualität verspricht.
Die auf dieser Seite gezeigten, gerenderten Ansichten wurden farbkodiert mit den tatsächliche Simulationsergebnissen. Details zu den Farbskalen sind im Interaktiven Online-Modell zu finden. Zur besseren Differenzierung werden in einigen Fällen gleiche Farbskalen mit unterschiedlichen Start- und Endwerten verwendet.
Das Interaktive 3D Modell und die Farbskalen sind hier zu finden: Interaktives Mikroklima-Modell aspern Seestadt.
Generell folgen alle gefärbten horizontal liegenden Flächen dem darunterliegenden Terrain in einer Höhe von 1,5 Metern (Fußgängerniveau). Auch 3D Windpfeile auf Fußgänger-Niveau sind auf diese Weise dargestellt.
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